Domenico Scarlatti

 

Allgemeine Bemerkungen

Im Allgemeinen kann festgestellt werden, dass es bei der Komposition der Sonaten vier deutlich zu unterscheidende Perioden gegeben hat. Schon diese Tatsache ist ungewöhnlich für einen Komponisten seiner Zeit. Ungewöhnlich darum, weil Komponistenkollegen die Tonalität als eine wesentliche Erneuerung gesehen und sich ihrer völlig gewidmet haben, ohne stilistisch große Entwicklungen durchlaufen zu haben. Das kann in seinem Falle so nicht gesagt werden. Scarlatti hatte ein inniges Verhältnis zur noch nicht so lange zurückliegenden Modalität, was auch sein Interesse an der spanische Volksmusik erklärt, die ebenfalls modaler Art ist.

Was nun diese vier zu unterscheidenden Perioden betrifft, folgt hier zuerst einmal eine Einteilung:

Scarlatti war kein unbedingt polyphon denkender Komponist wie etwa Bach es war. Die polyphonen Elemente seiner Musik beschränken sich meistens auf Imitation außer in der frühen Periode und in einigen Kompositionen der späten Periode, es handelt sich hierbei um Fugen. Diese weisen nicht die polyphonische Strenge im Sinne Bachs auf, dem größten Polyphonisten überhaupt, sondern repräsentieren Scarlattis Ansichten zur Polyphonie. Auffallend ist z.B. die

Fuge K41

(Zur Partitur)


Der Einsatz der zweiten Stimme bringt nicht das Thema, wie es sich "gehören" würde, sondern den in diesem Falle vorgezogenen Kontrapunkt. Das ist gegen alle Gesetze der Fuge. Diese Vorgehensweise verdeutlicht jedoch Scarlattis Ansichten über musikalische Freiheit. Wann immer er es für musikalisch nötig befunden hat, hat er die damals durch seinen Zeitgenossen Jean Philippe Rameau (1683-1764) schon formulierten Gesetze der Tonalität und der Formenlehre "missachtet". Auch diesen Freiheitsbegriff hat er aus der Modalität herübergerettet. Einige Fugen wie etwa die

Sonate K30

(Zur Partitur)


besitzen eine auffallende Thematik. Der Anfang dieser Fuge ist beim Hören weder tonal noch modal einzuordnen. Erst im vierten Takt nimmt die harmonische Struktur Gestalt an. Daher wurde diese Fuge später "Katzenfuge" genannt. Hier die ersten Takte:

Beispiel K30

Gelegentlich erscheinen auch in späteren Perioden Fugen, von denen

Sonate K417

(Zur Partitur)


ein meisterliches Beispiel ist. Diese Fuge ist am Anfang dreistimmig angelegt, wandelt sich dann aber zur Zweistimmigkeit, unterlegt von einer perpetuum-mobile-artigen 8tel-Begleitung (alla-breve-Takt) in der linken Hand und gehört mit ihren beinahe 5 Minuten Länge zu den Sonaten von größerem Umfang. Diese Sonate wie auch die

Sonate K434

(Zur Partitur)


zeigen Scarlatti auf der Höhe einer ganz eigenen polyphonischen Meisterschaft.

In dieser ersten Periode erscheinen auch einige Male die Modetänze der Zeit wie etwa das Menuett. Scarlattis Menuette sind immer kurze Stücke von großer melodischer Schönheit. Spätere Menuette, von denen es einige gibt, sind schon weitgehend stilisiert und nicht mehr ohne weiteres als Menuette zu erkennen.

Dabei ist Scarlattis Musik immer äußerst rhythmisch gedacht und somit zum Tanz prädestiniert. Ab der

Sonate K96

(Zur Partitur)


jedoch sind die spanischen Tanzformen größtenteils die Grundlage seiner Musik geworden. Hierbei ist bei weitem nicht nur die Rede vom Flamenco, den Scarlatti bei seinem vierjährigen Aufenthalt in Sevilla kennen gelernt hat und der für ihn ein wichtiger Brunnen der Inspiration geworden ist. Auch Tänze wie die Seguedilla,

Sonate K239

(Zur Partitur),


aber auch in der

Sonate K380

(Zur Partitur)


finden in seiner Musik ihren Widerhall. Dasselbe gilt für etwa die Dorfsfanfaren der Bauern, die zum ersten Male in K96 als Hauptmotiv erscheinen. Auch die "Todsünde" Quintenparallelen wird immer wieder strukturell eingesetzt, das heißt ganz bewusst. Alle diese Elemente stammen also aus der Modalität, in diesem Falle aus der spanischen Volksmusik, die ja ebenfalls modal von Charakter ist. Es ist die große Leistung Scarlattis, dass er diese Elemente nicht zitiert, sondern sie sich zu eigen gemacht und nahtlos in seinen eigenen Stil eingefügt hat, der damit Tonalität und Modalität zu einer einzigartigen Einheit verbunden sieht. Das geschah in einer Zeit, in der die "hochgelehrten" Komponistenkollegen für die Volksmusik nur ein müdes Lächeln der Verachtung aufbringen konnten. Scarlatti war also der erste Komponist überhaupt, der eine nationale Kunstmusik geschaffen hat. Das ist eine revolutionäre Tat. Dabei sollte jedoch immer bedacht werden, dass der Hauptakzent auf "Kunstmusik" liegt.

Dazu kommt noch, dass hauptsächlich zu Beginn der spanischen Periode die größten musikalischen Gegensätze ohne jeden übergang blockartig gegeneinander gesetzt wurden, eine Sehensweise, die auch aus der Modalität stammt. Es gibt hier um Dur - Moll, um tonal - modal, um polyphon - homophon, um plötzliche Tonartwechsel, vor allem bei Halbschlüssen (z.B. in der

Sonate K174

(Zur Partitur):


Halbschluss G-Dur, weiter in Es-Dur). In dieser Sonate erscheint wie auch in vielen anderen auch eine Kadenz Dominante - Tonika, wo der Dominantseptimakkord ein Vorhaltakkord ist, der nicht aufgelöst wird. An Stelle der Terz erscheint die Quarte:

Beispiel K174

In der Gilbert-Ausgabe fehlt Takt 114. Ich bin sicher, dass dieser Takt hierhin gehört.

Auch in de

Sonate K371 

(Zur Partitur)


kommt ein unerwarteter Tonartwechsel vor, und zwar von Es-Dur nach Fis-Dur:

Beispiel K371

Der Grund dieses Tonartwechsels besteht darin, dass auf Fis-Dur eine Sequenz beginnt, die über gis-moll, b-moll und es-moll wieder zur Grundtonart führt. Die Sequenz bewegt sich also nicht von der Grundtonart weg, sondern beginnt an einem entlegenen Punkt, um von dort zur Grundtonart zurück zu führen. Diese Vorgehensweise ist auch wiederum einzigartig für die Barockzeit, kein anderer Komponist jener Epoche hat so verfahren.

Die meisten Sonaten Scarlattis sind im Wesen zweistimmig konzipiert. Dieses dient der Transparenz und Klarheit der Musik. Als Beispiel diene die

Sonate K363

(Zur Partitur),


eine Sonate, die konsequent rein zweistimmig gehalten ist.

Zur Intensivierung des musikalischen Geschehens wird manchmal zur Dreistimmigkeit übergegangen, hin und wieder auch zu akkordischen Strukturen.

So manches Mal geht Scarlatti zur Dreistimmigkeit über, indem er die Töne einer Linie so verlängert, dass sie einander überlagern, z.B. in der

Sonate K365

(Zur Partitur):

Beispiel K365

In anderen Sonaten werden die Vorhaltakkorde strukturell als Grundakkorde gebraucht, z.B. in der

Sonate K141 

(Zur Partitur):

Beispiel K141

Eine andere und nicht weniger wichtige revolutionäre Tat bestand in den Erneuerungen der Spieltechnik. Diese werden in einem eigenen Kapitel näher untersucht. Zeitgenossen haben sein eigenes Spiel beschrieben als ein Erlebnis einer bis dahin unbekannten Klangfülle. Zum Teil kann dies den technischen Erfindungen Scarlattis zugeschrieben werden. Immerhin wurde ein größerer Teil des Umfanges des Instrumentes gleichzeitig gebraucht als jemals zuvor. Das geschah durch ständiges überkreuzen der Hände, durch Arpeggios, die manchmal den gesamten Umfang des Cembalos in rasantem Tempo durchlaufen haben und durch den Gebrauch der schon genannten dissonanten Vorhaltakkorde, die interessanterweise nicht aufgelöst wurden. Das Letztere deutet auch wieder auf ein mehr modal gerichtetes Harmonieverständnis hin. Daneben war seine Spielart sicher nicht staccato, weil so die Klangfülle doch wiederum verpufft wäre, sondern legato und sogar molto legato. Des Weiteren muss hier auf die Spielweise der Vorschläge hingewiesen werden, die so genannten "acciaccaturas". Diese wurden durch Scarlatti gleichzeitig mit dem Hauptton angeschlagen, also in jedem Falle als Dissonanz. Aus allen diesen Elementen und nur so ist die neue Klangfülle zu erklären, die seine Zeitgenossen, unter anderem seinen Freund fürs Leben, Händel, so fasziniert hat. Bedenkt man dabei, dass der größere Teil von Scarlattis Musik zweistimmig gehalten ist, so ist diese Folgerung ohne Zweifel berechtigt.

Für das mehr modale Begreifen der Musik spricht auch, dass es in den Sonaten kaum Schlussakkorde gibt und wenn, dann sind sie in den Moll-Sonaten meistens Mollakkorde und nur selten, wie es die überwiegende Praxis der Zeit war, Durakkorde. Man findet solche Schlussakkorde am ehesten noch in der ersten Periode. Die meisten Sonaten enden entweder mit einem Einzelton, einer Oktave oder einer Doppeloktave. Also mit einer harmonischen Illusion, die darin besteht, dass die vorhergehenden Töne noch im Gehör liegen. Oft wird der obere Schlusston durch einen langen Vorhalt auf der Septime vorbereitet (Spannung - Lösung), während der untere Schlusston schon klingt. Als Beispiel die Schlusstakte der

Sonate K173

(Zur Partitur)


in der klingenden Version:

Beispiel K173

Was nun die Vorschläge betrifft, so sind hier zwei Formen zu unterscheiden:

Die acciaccatura erscheint in Passagen von Noten gleichen Wertes und wird zusammen mit dem ihr folgenden Ton angeschlagen, was in jedem Falle eine Dissonanz bedeutet. Ein Beispiel aus der

Sonate K121 (g-moll - Allegrissimo)

(Zur Partitur):

Beispiel K121

Die Spielweise dieser Stelle ist als folgt:

Spielweise K121

Ein anderes von vielen Beispielen für die acciaccatura ist in der

Sonate K124 (G-Dur - Allegro)

(Zur Partitur)


zu finden:

Beispiel K124

Die Spielweise ist als folgt:

Spielweise K124

Als "Faustregel" für den melodischen Vorschlag gilt:

Der Notenwert eines solchen Vorschlages beträgt entweder 1/3 oder 1/4 der Hauptnote, abhängig von deren Länge. Für beide Formen jeweils ein Beispiel:

Sonate K173 (h-moll - Allegro)

(Zur Partitur)

Beispiel K173

Die Spielweise ist als folgt:

Spielweise K173

In diesem Falle hat die Hauptnote den Wert von 4 Sechzehnteln. Also bekommt der Vorschlag den Wert einer Sechzehntel und der Hauptton wird um eben diesen Wert verkürzt. Der Sinn solcher Vorschläge besteht darin, dass der agogische Akzent auf dem Hauptton liegen bleibt und in solchen Fällen nicht auf der Zählzeit steht. Das sorgt für ein lebendiges rhythmisches und klangliches Bild.

Sonate K181 (A-Dur - Allegro)

(Zur Partitur)

Beispiel K181

Die Spielweise ist als folgt:

Spielweise K181

Der Hauptton hat eine Länge von drei Achtelnoten. So bekommt der Vorschlag den Wert einer Achtelnote und der Hauptton wird um eben diesen Wert verkürzt. Für die agogischen Akzente gilt das oben Gesagte. Das rhythmische Hauptmotiv in dieser Sonate ist dieses:

Diese Sonate verfügt über ein ganz deutlich definiertes zweites Thema, das insgesamt sechsmal erscheint, und zwar auf fünf verschiedenen Tonstufen. Hier das Beispiel für das erste und das zweite Erscheinen:

Scarlatti hatte schon vor seiner spanischen Periode ein Cembalo in Gebrauch, dessen Umfang nach unten um eine Quarte erweitert war. In den Sonaten

K6

(Zur Partitur)


und

K7

(Zur Partitur)


oder auch in

Sonate K26

(Zur Partitur)


z.B. ist das deutlich zu sehen.

Ab den spanischen Sonaten (also ab K96) wurde ein größerer Umfang des Cembalos vorgeschrieben als der gebräuchliche (C-c'''), und zwar nach oben um eine Quinte und nach unten um eine Quarte (G'- g'''). Es ist bekannt, dass der spanische Hof über viele Instrumente verfügt hat, unter anderem auch über Klavichorde, die Vorläufer des Klaviers. Das einzige Instrument am spanischen Hofe, das den vorgeschriebenen Umfang tatsächlich aufzuweisen hatte, ist ein einmanualiges Cembalo. So ist anzunehmen, dass dieses Scarlattis Lieblingsinstrument gewesen ist. Ab K387 ist der Umfang dieses Cembalos in der Tiefe bis zum F' erweitert worden. Am portugiesischen Hof hatte es ein solches Instrument nicht gegeben. Warum sollte übrigens ein Komponist Töne vorschreiben, die auf einem Instrument nicht bestehen? Seine Sonaten ab K96 sind also vermutlich für dieses Instrument komponiert worden. Es ist leider unbekannt, über welches Instrument Scarlatti in seinen vier Jahren in Sevilla verfügt hat. So kann aufgrund des Umfanges doch nicht genau festgestellt werden, ab welcher Sonate Scarlatti am spanischen Hof verweilt hat.

Ein anderer Hinweis auf Scarlattis mehr modales Denken sind die schon kurz erwähnten und von Anfang an regelmäßig und strukturell erscheinenden Quintparallelen, die in der Tonalität bekanntlich verboten sind. Es ist Unsinn, zu glauben, dass ein Komponist mit seinen Qualitäten so oft "unbewusst" solche "Fehler" gemacht haben sollte. Diese Quintparallelen sind ganz bewusst eingesetzt worden. Ein herausragendes Beispiel, stellvertretend für viele, aus

Sonate K96 (D-Dur - Allegrissimo)

(Zur Partitur)

Beispiel K96

Als Beispiel für den geistigen Zustand gewisser musikalischer Kreise sei hier eine Vergewaltigung eben dieser Stelle mitgeteilt, die aus dem Internet herunter geladen ist und offensichtlich einer gedruckten Ausgabe entnommen ist:

Beim "Bearbeiter" handelt es sich also um einen Musiktheoretiker, der sich bemüßigt gefühlt hat, die "primitiven Fehler" (=Quintparallelen) Scarlattis zu "verbessern". Musiktheoretiker zeichnen sich dadurch aus, dass sie von der Tonalität nichts und von der Modalität rein gar nichts verstehen. So geraten sie laufend in Erklärungsnöte und wissen sich nicht zu helfen. Er hat also dazu "komponiert", was seiner Ansicht nach Scarlatti vorgeschwebt haben muss. Scarlatti selbst scheint jedoch zur Umsetzung dieser ihm angedichteten Ideen glücklicherweise nicht in der Lage gewesen zu sein. Das Ergebnis ist - gelinde gesagt - eine Missachtung des großen Komponisten und eine bewusste Fälschung und Vergewaltigung seines Werkes. Leider ist die Quelle im Internet nicht angegeben. Es handelt sich jedoch vermutlich um eine ältere Ausgabe, was schon daraus zu schließen ist, dass die Sonaten alle möglichen Titel tragen, nur nicht den einzig richtigen, nämlich "Sonate".

Ein weiteres Beispiel für strukturelle Quintenparallelen ist in der später zu besprechenden

Sonate K394

(Zur Partitur)


zu finden.

Andere, mehr versteckte Beispiele findet man z.B. in der

Sonate K21

(Zur Partitur)


in den Takten 30 und 34.

In einigen Sonaten gibt es kadenzartige Passagen wie z.B. in der

Sonate K33

(Zur Partitur)


oder auch wieder in der Sonate K394, wo eine wirkliche Kadenz erscheint, ein Unikum in Scarlattis Werk und auch für die Zeit. Diese Kadenzen und kadenzartigen Passagen sind rhythmisch frei zu interpretieren.

In einigen Sonaten wie etwa der

Sonate K33

(Zur Partitur),


der

Sonate K101

(Zur Partitur)


oder der

Sonate K155

(Zur Partitur)


trifft man merkwürdige Unisono-Passagen an. Im Falle von K101 erklären diese bei ihrem ersten Erscheinen die spanische Zigeunertonleiter, die anders strukturiert ist als die ungarische. Die spanische Zigeunertonleiter ist eine Alteration des phrygischen Modus:

Phrygischer Modus

E und A sind die Haupttöne, wobei E der Grundton ist. Auch das stammt natürlich aus der Modalität. Die Töne G und D wurden hochalteriert, um als Leittöne zu den Haupttönen fungieren zu können. Schon die Tatsache, dass die spanische Zigeunertonleiter älter ist als die Tonalität, beweist deren Modalität. Hier das Beispiel aus der Sonate K101 (A-Dur - Allegro):

Beispiel K101

Im übrigen ist die Wechselwirkung zwischen Dissonanten und Konsonanten eine der meisterlichsten Eigenschaften in Scarlattis Musik.

Die "normale" Einteilung der Musik seiner Zeit in vier- oder achttaktige Perioden wird von Scarlatti öfter als bei anderen Komponisten der Fall war, durch asymmetrische Perioden ersetzt, also drei- oder fünftaktig z.B. Im Beispiel aus K101 wird das deutlich. Die Wiederholung der ersten viertaktigen Periode ist zu einer fünftaktigen erweitert. Solche Erweiterungen oder Verkleinerungen von mehrtaktigen Perioden kommen sehr häufig vor und sind eines der Stilmittel Scarlattis, der dieses Mittel zur Erhöhung der musikalischen Spannung einsetzt. Das ist vor allem dem unkonventionellen Denken Scarlattis zuzuschreiben, findet jedoch auch wieder seine Entsprechung in der spanischen Volksmusik. Er war in der Tat der unkonventionellste aller Komponisten seiner Epoche und auch darum wohl der interessanteste. Ein Beispiel aus der

Sonate K383

(Zur Partitur)


zeigt die Irregularität in der Einteilung nach Takten:

Beispiel K383

Die erste siebentaktige Periode wird in ihrer Wiederholung auf vier Takte verkürzt. Danach folgt eine fünftaktige Periode, die in ihrer Wiederholung auf eine siebentaktige erweitert wird und dann durch einen Schlusstakt abgeschlossen wird.

In einigen Sonaten erweist sich Scarlatti als Visionär und blickt weit in die Zukunft, zum Beispiel in der

Sonate K127

Zur Partitur


oder in der

Sonate K551

Zur Partitur

Diese wie auch einige andere Sonaten sind stilistisch eher der Wiener Klassik als dem Barock zuzuordnen.

Zur Metrik der Sonaten ist zu sagen, dass bei Scarlatti die ternären Metren weitaus in der überzahl sind (3/8, 3/4, 6/8, manchmal 9/8 oder 12/8, wobei der 3/8-Takt am häufigsten erscheint). Regelmäßig erscheint die Hemiole 3/4 auf 6/8, z.B. in K96 (am Ende), in K153 oder K159, im Falle des 3/8-Taktes auf zwei Takte verteilt. Als Beispiel die letzten Takte der Sonate K96:

 K76

Im weiter obenstehenden Beispiel aus derselben Sonate beachte man die Hemiolen in der Oberstimme.

Es gibt eine Theorie, die behauptet, dass das ternäre Element dem menschlichen Grundgefühl am nächsten kommt. Andere Theorien bestreiten das. Vielleicht gibt es ja von Volk zu Volk gewisse Unterschiede. Wie dem auch sei, im Falle Scarlattis scheint hierför ein Hinweis zu liegen. Auch andere Komponisten in späteren Epochen hatten eine Vorliebe für ternäre Metren, zum Beispiel Frederic Chopin oder Alexander Skriabin.

Ein anderes wichtiges Element in Scarlattis Musik ist vielleicht am besten zu umschreiben mit dem Begriff "pausenlose Musik". Lediglich auf den Schlusstönen bei Halb- und Ganzschluss kommt der Fluss der Musik eben zur Ruhe. In einigen Sonaten erscheinen jedoch mehrere Halbschlüsse. Eine kurze Periode, bestehend aus wenigen Takten, wird ein- oder zweimal wiederholt, und zwar jedes Mal um einen Ganzton höher, gelegentlich um jeweils einen Ganzton tiefer. Diese Stellen erscheinen meistens zu Anfang des zweiten Blockes und kommen in jeder Periode in Scarlattis Komponieren vor.

 

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